Hallo zusammen,
in den verschiedenen Unterforen habe ich zum Thema "EU-Rente" schon verschiedentlich Fragen gestellt, Antworten bekommen und auch meinen persönlichen Weg "die Zukunft mit einer BK-Diagnose und NEO-Blase" angedeutet. Das es gerade zum Thema "EU-Rente" mehr Fragen als Antworten gibt, möchte ich mit diesem Faden mein aktuelles Wissen allen Interessierten zur Verfügung stellen. Auch möchte ich mit dem einen oder andern "Volks-Halbwissen" ein wenig aufräumen.
Ergänzungen und Hinweise gerne willkommen:
1.Fakt
Berufsunfähigkeit gibt es nicht, es gibt eine Erwerbsunfähigkeitsrente
Berufsunfähigkeit als solches gibt es schon länger nicht mehr. Da gibt es nur noch Vertrauensschutz für ältere Jahrgänge. Für die allermeisten Jahrgänge (bei mir 1962) gibt es definitiv nur noch eine Erwerbsunfähigkeitsrente und zwar 100% oder 50% der persönlich erarbeiteten Rente aus beitragspflichtigem Einkommen. Dazwischen gibt es nichts und hat auch nichts mit einem Grad der Behinderung zu tun.
2.Fakt
Reha geht vor Rente
Auch wenn man ab und an hört oder liest, das ein Arzt meint, das man reif für die Rente wäre und man mit diesem zusammen einen Antrag nebst ärztlichem Bericht erstellt, sind die Chancen ziemlich gering das man damit durchkommt. Verweigert man eine Reha, sinken die Chancen wegen mangelnder Mitwirkung noch weiter.
3.Fakt
Entscheidend ist die Einschätzung der Reha-Ärzte (am besten von der Rentenversicherung getragen) und zwar die "Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt".
Ich hatte dazu in einem Faden die entsprechende Frage gestellt. Heute weiß ich den kleinen aber feinen Unterschied aus eigenem Erleben.
Bei meiner ersten Reha stellte man fest, das ich meinen aktuellen Beruf nur mehr weniger als 3 Stunden ausüben könne, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aber weiter mehr als 6 Stunden.
In der Praxis bedeutet das: gebe den bisherigen gut bezahlten Job auf und suche dir eine Arbeit die Du mit deinen Einschränkungen trotzdem machen kannst. Ob man so einen Job findet und wie der bezahlt wird, ist egal. Im Ergebnis gibt es keine EU-Rente und vom Krankengeld wird man grob nach 1 1/2 Jahren ausgesteuert - und was dann?
4.Fakt
Gegen eine ärztliche Einschätzung vorzugehen ist eher kontraproduktiv. Auch gegen einen schlecht begründeten und dann abgelehnten Rentenantrag Einspruch zu erheben ist nicht immer zielführend. Die meisten Anträge werden abgelehnt, weil der Versicherte schlicht die Voraussetzungen wie z.B. Versicherungszeiten, Wartezeiten usw. nicht erfüllt. Da hilft auch der VdK oft nicht weiter.
5.Fakt
"es gibt Wege..."
In meinem Fall (siehe Signatur) bin ich so vorgegangen, das ich selbst eine zweite, dann onkologische Reha bei der Rentenversicherung beantragt habe. Am Ende der Reha gab es dann wieder eine ärztliche, nun geänderte Einschätzung. Nun bin ich auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt weniger als 3 Stunden einsetzbar und wurde auch weiterhin als arbeitsunfähig aus der Reha entlassen.
6.Fakt
abwarten, Tee trinken und die Fristen nicht übersehen
Der neuerliche Reha-Bericht geht der Rentenversicherung automatisch zu. Meiner Krankenkasse habe ich diesen proaktiv und vollumfänglich zukommen lassen. Es hat nur wenige Tage gedauert und die Rentenversicherung als auch die Krankenkasse haben mich aufgefordert einen Antrag auf EU-Rente zu stellen!
7.Fakt
Unterstützung ist wichtig, es geht aberr auch online ganz gut.
Aufgrund der Aufforderungen habe ich mich mit dem Rentenantrag beschäftigt. Wer ein wenig Büro-und IT-affin ist, kann den Rentenantrag online stellen. Der Antrag ist adaptiv d.h. anders als der Papierantrag bekommt man je nach seinen Antworten in der Folge auch nur noch die Fragen gestellt, die relevant sind. Voraussetzung für diese Art der Antragstellung ist, das man selbst alle Arztberichte, Diagnosen, Werte, GdB-Anerkennung etc. gesammelt hat und diese dann auch via Scanner als pdf etc. zum Upload verarbeiten kann. Die Fragen selbst sind durchaus verständlich und beschäftigen sich überwiegend mit der Erwerbsbiografie, Familienstand, Krankenkasse, Beitragszeiten usw.
8.Fakt
die Rentenkasse unterstützt auch selbst
Man kann bei der örtlichen Vertretung der Rentenkasse den Antrag auch persönlich stellen und/oder sich beraten lassen.
Ich für meinen Teil habe den Antrag vollumfänglich online erstellt und übermittelt. Zusätzlich nehme ich noch einen Beratungstermin war. Vorteil ist, das der Sachbearbeiter meinen Antrag samt Unterlagen schon in seinem IT-System hat und damit recht schnell sagen kann, ob ich noch etwas nachreichen muss oder ob die Unterlagen ausreichen.
Zusammengefasst ist die Antragstellung nicht so kompliziert wie man zunächst denkt; man muss sich das "in EU-Rente gehen" aber auch leisten können. Die Höhe der Rente ist definitiv davon abhängig, wie lange man zuvor zu welchem versicherungspflichtigem Entgelt gearbeitet hat. Bei mir geht das nach 43 Jahren Durchschnittsverdiener, in anderen Situationen ist die EU-Rente nicht auskömmlich und muss ggf. mit anderen Sozialleistungen ergänzt werden.
Ich hoffe, das ich der Allgemeinheit ein paar Tipps und Erfahrungen zu diesem Thema geben konnte.
Ich berichte wie es in meiner persönlichen Sache so weitergeht - die Bearbeitung von EU-Rentenanträgen dauert derzeit so um die drei Monate..
In diesem Sinne
der PetAir