13 Jahre, römisch XIII, Dual 1101, Oktal 15, Duodezimal 11, Hexadezimal D und als Morsecode . - - - - … - - hat sie mir bisher doch nur Glück gebracht. Glück insofern, das ich noch lebe. Hätte ich diese meine originale Blase noch behalten würde ich mir höchstwahrscheinlich die Radieschen schon von unten ansehen.
Im Juni 2004 hat alles angefangen, wie bei so vielen hier mit Blut im Urin, dem anfänglichen Hickhack beim Hausarzt und Urologen mit Antibiotika, Sonografie, Röntgen usw.. bis es dann zur Blasenspiegelung kam vergingen glatte 8 Wochen. Eigentlich eine vertane Zeit, noch heute frage ich mich warum man bei Blut im Urin nicht sofort und unmittelbar eine Blasenspiegelung macht.
Gerade bei Männern ist Blut im Urin doch mehr als ungewöhnlich, bei Frauen sehe ich dies etwas anders, haben sie doch wegen ihrer kürzeren Harnröhre, den doch manchmal sehr kurzen Röckchen mit dem Nichts darunter des Öfteren mal Probleme mit der Blase.
Ich plädiere hier, das bei den Männern die Blut im Urin haben sofort eine Blasenspiegelung gemacht wird, das ganze Vorprozedere wie Antibiotika, Sonografie und Röntgen mit Kontrastmittel könnte man sich ersparen. Dadurch gewinnt man mindesten 6 bis 8 Wochen, das wäre die Zeit die einem das Leben retten könnte.
Dann die übliche TUR-B, kennt hier jeder Betroffene, muss ich nicht weiter erläutern, 4 Tage Krankenhaus mit den üblichen Nachwehen wie das Brennen in der Harnröhre, immer noch Blut und Blutklumpen pinkeln und das mulmige Gefühl auf das was da noch nachkommt. Richtig, das warten kann einen schon zermürben, das warten auf die Histologie, auf den alles entscheidenden Befund, auf den Anruf der einem das Leben verändern kann.
Nach den Schockbefund ging es dann mit den üblichen Vorbereitungen ins Krankenhaus nach Eschweiler. Ein Krankenhaus welches mir der Urologe empfohlen hat, mit einer angeblich hervorragenden Urologie. Viel Zeit zur Recherche hatte ich nicht, Blasenkrebs war mir bis dato unbekannt. Außer einer gelegentlichen Grippe hatte ich mit 53 Jahre noch nicht viel (zum Glück) an Krankheiten erlebt.
Das Forum, ja das Forum hatte ich im Internet entdeckt, ich hatte auch zwei oder drei Fragen eingestellt die aber bis zu meinem Einzug ins Krankenhaus nicht beantwortet wurden. Tote Hose im Forum, fünf Mitglieder und nur ein paar wenige Standarteinträge, die allermeisten von vom Forenersteller selbst. Dann ging´s ab in den Gesundheitsmoloch von Eschweiler, ein regionales mittelgroßes Krankenhaus. Die Uniklinik Aachen war auch in der unmittelbaren Nähe, Eschweiler erschien mir aber persönlicher, war leicht für meine Angehörigen zu erreichen und machte eigentlich einen guten äußerlichen Eindruck. Wie es mir dann dort Tag für Tag ergangen ist, könnt ihr dann hier in einem früheren Bericht von mir nachlesen. Hier klicken, die Tage im Krankenhaus
Zu diesem Zeitpunkt arbeitet ich als IT-Manager in bei einem Mittelständler der eigentlich einen Kabelgroßhandel führte sich aber als Kabelhersteller fühlen wollte. So kaufte er sich eben mal eine Kabelfabrik mit runden 500 Mitarbeitern. Selbstverständlich wurde ich gleich mitgekauft, so durfte ich zumindest meinen Job behalten. Nicht kleckern sondern klotzen hieß dann die Parole, der neue investiere mal eben locker 25 Millionen Euro in neue Gebäude und neue Kabelherstellmaschinen. Selbstverständlich durfte ich mir auch eine neue Computeranlage für runde 400.000 Euro sowie eine neue Büroausstattung beschaffen. Es schien als gäbe es da eine Euroquelle die nie versiegte. Es dauerte auch nicht lange da wurden wir schon wieder verkauft, dazu später ein wenig mehr.
Nach meinem Krankenhausaufenthalt ging es dann erst einmal in die AHB nach Bad Wildungen, 4 Wochen die mir echt gut taten. Wie so ein ausgemergelter Junkie kam ich da an, schlappe 13 Kilo Gewicht hatte ich verloren, mir schlotterten die Hosen, war kraft und saftlos, stand völlig neben mir. Diese 4 Wochen AHB haben mich wieder aufgebaut, konnte gute 10 KG zulegen, nach anfänglichen 300 Meter Spaziergängen konnte ich nach 14 Tagen schon wieder einige Kilometer laufen. Es ging dann jeden Tag ins Dorf zum Wirt, ein paar Bierchen konnte die neue Blase zur Spülung gut vertragen. Klar, ich hatte immer noch eine fette Vorlage um, das scherte mich aber wenig, eine zusammengequetschte hatte ich immer in der Jackentasche als Ersatz dabei. Die Wirtschaften waren aber auf Inkontinente Trunkenbolde gut vorbereitet, ein großer Eimer für gebrauchte Vorlagen stand in fast jeder Kneipe. Die kannten ihre Kundschaft die aus den zig Kurkliniken kamen ganz genau.
Den Park und ein Biergarten in Bad Wildungen, kennen wohl einge von Euch.
Nach der AHB hab ich dann noch 14 Tage krankgefeiert, (hört sich bekloppt an, als wenn man feiert das man krank ist) danach ging´s dann mit 8 Stunden täglich gleich in die vollen. Zuhause selbst musste ich es erst einmal langsam angehen lassen. Die Gartenarbeit viel mir noch schwer, das Rasenmähen noch mehr. An Motorrad fahren durfte ich noch nicht denken, obwohl, es juckte schon wieder in den Fingern. Ein Versuch scheiterte aber schnell, ich konnte die 330 KG schwere Maschine nicht halten. Der auch noch vorhandene 125 ´er Motorroller tat es aber schon. Die 180 KG waren zu meistern obwohl es bei auch kleinen Schlaglöchern kräftig im Gebälk rappelte.
Wie oben schon erwähnt wurden wir wieder einmal verkauft. Diesmal an einen italienischen Kabel-Konzern der schon über 60 Standorte in der ganzen Welt besaß. Ich hatte dafür zu sorgen das sämtliche Datenbestände, (Finanzbuchhaltung, Vertrieb, Produktion, Lohn/Gehalt, eben alles) in deren Systeme übernommen werden konnte. Ein mehr als grausames SAP System mit mehr Abstürzen als ich es in meiner gesamten Laufbahn an IBM Midrange Rechnern je erlebt habe. Selbst die höchsten italienischen IT Experten gaben zu das die Stabilität es von mir eingesetzten Computers und Software wesentlich besser und effizienter war als dieses SAP und Serverzeug. So etwas wie die von mir selbst entwickelte Versandsoftware (speziell für Kabel) haben sie noch nicht gesehen.
Nun, leider durfte ich meinen Computer und die vorhandene Software (obwohl wesentlich besser) nicht in den Konzern einbringen, da hatten die Italiener gewaltig etwas dagegen, von dem System hatten sie absolut NULL Ahnung, dann wäre ich der King gewesen, nicht sie selbst. Nachdem der Job erledigt war durfte ich in Mailand arbeiten. Arbeiten ist jetzt wirklich und völlig übertrieben. Montags morgens Hinflug ab Frankfurt oder Köln nach Malpensa oder Linate, weiter mit dem Taxi ins Hotel, bis Freitags, mit dem Taxi zurück zum Airport nach Hause. Das ganze fing dann Montags wieder von vorne an.
Von vorne hui, von hinten ? naja, ich blickte auf jeden Fall durch
Kabel ohne Ende
OK, ich hatte einen Firmenwagen, ein Firmentelefon, ein Firmenlaptop, ein eigenes Büro, eine Teil-Sekretärin die mir alles organisierte, das was ich aber nicht hatte war Arbeit. Ich hatte in Italien nichts, aber auch rein gar nichts zu tun. Ab und an mal bei Veranstaltungen großes Fressen und Saufen, selbstverständlich alles auf Firmenkosten, ein Hotelzimmer welches in Mailand um die 220 Euro die Nacht kostete, Tagesspesen usw. kostete ich dem Konzern so um die 8-9 Tausend Euro im Monat nur an Reisespesen. So verging ein knappes Jahr. Klar wollte man mich loswerden, nur als ehemaliger Schwerbehindertenbeauftragter hatte ich den gleichen Kündigungsschutz wie ein Betriebsratsangehöriger. Anfänglich bot man mir eine mittlere 5 stellige Summe die ich dankend ablehnte.
Soviel hätte ich innerhalb weniger Monate verdient. Nach einem Jahr ging es dann doch noch wesentlich höher in den 6 stelligen Bereich. Nachdem ich mich vergewissert hatte das ich auf Grund meiner 100% Behinderung 2 Jahre eher in Rente konnte habe ich schließlich eingewilligt und bin von einem Tag auf den anderen direkt aus Italien nach Hause. Ich war dann noch einmal einen Tag in Eschweiler im Werk um meine persönlichen Sachen abzuholen, Firmenwagen Übergabe, Laptop, Handy abgeben usw.. das war es dann mit meine beruflichen Neoblasenkarriere.
Ich war sehr froh das ich diesen Laden weder in Eschweiler noch in Mailand noch einmal betreten musste. Mit diesem Job der eigentlich gar keiner war wollte man mich mürbe machen. Schnell haben sie aber gemerkt das ich so schnell nicht aufgebe bis das die Abfindungssumme stimmte.
Die ganzen Flüge, endlose Taxifahrten, Autobahn ect.. haben mich anfänglich doch schon sehr gestresst, meine Neoblase war gerade mal ein Jahr alt. Trotzdem, so denke ich, habe ich mich wacker geschlagen habe mich von diesen italienischen Alles Besserwisser nicht unterkriegen lassen.
In Milano, Firma , Hotel
Nach diesem ganzen Zinnober ging es erst einmal für 3 Wochen in einen Luxusurlaub nach Kenia. Frau und ich wollten mal aus dem vollen schöpfen und haben dabei gleich einige tausender auf den Kopf gehauen. Kenia, ein Land voller Wiedersprüche, auf der einen Seite die wirklich volle Goile Natur, auf der anderen Seite die Armut der Einwohner, dann wieder wir, in einem Luxushotel wo man wirklich alles bekam was man wollte. Auf Wunsch wurde das Essen am Strand serviert, einmal die Hand heben und es kam ein Kellner angeflitzt der die Bestellung aufnahm, ein großes Zimmer mit Klimaanlage, Minibar, deutschen Satellitenfernsehen, eben alles was man sich so im Urlaub wünscht. Morgens aufstehen mit Blick auf den Indischen Ozean, in der Ferne Fischer die ihre Netze auswarfen, Schwarze die selbstgefangene frische Langusten am Strand anboten. Dann wieder schwerbewaffnete Polizei oder Militär am Strand um Einheimische zu verjagen, Polizei vor der Hotelanlage in Dauerstellung, mir war oft mulmig als ich die Anlage zu Erkundungen verließ.
Heute sind es ziemlich genau 13 Jahre als ich meine Blase verlor, anfangs hab ich hinterher getrauert, heute merke ich kaum einen Unterschied zu meiner früheren originalen Blase. Tagsüber bin ich zu 100% kontinent, nachts kann ich ca. 7 bis 8 Stunden durchschlafen, klar mit einer kleinen Notfallvorlage versorgt aber in 360 Tagen von 365 Tagen im Jahr passiert da nichts.
Manchmal frage ich mich warum so viele Mitglieder bis zum allerletzten versuchen ihre Blase zu erhalten, das Risiko eingehen das der Krebs soweit ausbricht bis dann nichts mehr geht. Von diesen Beispielen kann ich hier einige aufführen die sich jetzt leider das Gras von unten ansehen.
Mir geht es heute mit meiner Neoblase allerbest, habe das Teil voll im Griff, kann meine Toilettengänge fast so steuern wie früher, fast noch besser weil meine Neoblase einiges an Volumen mehr fasst wie meine alte Blase. Für einen Toilettengang benötige ich heute nicht länger als 30 Sekunden, dann haben ca. 900 ml Natursekt die Neoblase verlassen.
Als Rentner genieße ich nun das Leben, gönne mir mit Frau hier und da ein gutes Essen, trinke meinen 12 jährigen Wiskey, fahre mit meiner fast neuen Honda Silver Wing durch die Gegend, in die Eifel, genieße einfach das Leben so wie es gerade kommt. Und wenn ich zu irgend etwas kein Bock hab. dann lass ich es auch. Auf gut Deutsch, für mich ist jeder Tag ein Sonntag.
Klar, man wird älter, man ist nicht mehr so kraftvoll wie früher, dazu hat auch sicher diese schwere Operation beigetragen. Dazu gesellten im Laufe der Zeit noch 9 Stents im Herzen, es kam 2016 zu einem deftig kräftigen Magen und Darmbluten (mein Hb Wert war bei 6,2, bei 5,9 gib es den Abflug ins Nirwana) selbst verschuldet durch täglichen Diclofenac Gebrauch. Alles in allem aber bin ich sehr zufrieden, vor allen Dingen mit meiner Neoblase die mir bis heute das Leben sicherte.