Wie verhalte ich mich richtig.

  • Guten Tag, ich bin Heidrun und mein Mann bekam vor einem Jahr die Diagnose

    Lymphogen und ossär metastasiertes Urothelkarzinom der Harnblase bei Blasendivertikelkarzinom zumindest pT1, High-Grade (G3), L1,M1 histologisch gesicherte ossäre Metastasen Bildung des Ramus inferior ossis pubis rechts und am Pfannendacherker. Er bekam Bestrahlungen sodass er schmerzfrei wurde und wieder laufen konnte. Danach Chemotherapie Gemcitabine/Cisplatin. Die hat gut angeschlagen und wurde von einer Therapie abgelöst die leider nicht anschlug. Mein Mann vertrug die Chemotherapie sowie die Anschlußtherpie sehr gut. Er verlor keine Haare, wir unternehmen tägliche lange Spaziergänge, ca. 6-8 km. Körperlich ist er erstaunlich fit. Leider weiß ich nur, dass die neue Therapie relativ neu sei und wohl aus Amerika stammt?! Seitdem hat er nicht nur die Haare verloren sondern auch seine Haut wurde nur im Gesicht und an den Unterarmen schuppig und trocken, juckt jedoch nicht. Das Gesicht haben wir mit Urea Creme 10% gut in den Griff bekommen, die Unterarme sehen noch nicht so gut aus, wir hoffen, dass es besser wird wenn das Wetter mitspielt und Luft an die Arme kommt. Mein Mann fragt leider die Ärzte zu wenig aus und er spricht auch nicht mit mir über seine Krankheit ich bemerke nur, dass aus einem ehemals positivem Mann ein negativer, unzufriedener Mensch geworden ist. Natürlich ist mir klar was das „ Kopfkino “ mit ihm macht aber ich versuche ihm klar zu machen, dass doch im Augenblick alles gut läuft, er hat weder schmerzen, hat Appetit und wir fahren so oft wie möglich mit unserem Wohnmobil los oder fahren in Ferienwohnungen und wir das doch jetzt genießen sollten. Er macht zwar alles gerne mit aber findet immer etwas zu mäkeln. Ich möchte eigentlich wissen wie seine Prognose ist und ob ich mich falsch verhalte wenn ich ihm nicht zeige wie leid es mir natürlich tut.

    Danke dass ich einfach einmal darüber reden konnte.

    Heidrun

  • Liebe Heidrun,

    willkommen hier bei uns, wenn auch aus bescheidenem Anlass. Wir sind ein Häuflein selbst Betroffener und Angehöriger, sind keine Ärzte, aber schöpfen aus Erfahrungsschatz und hoffen so helfen zu können.


    Traurig, dass die Erkrankung bei deinem Mann schon so weit fortgeschritten war, ehe sie erkannt wurde.

    Hinsichtlich der Therapie kann man nur spekulieren, es könnte eine der relativ neuen Immuntherapien sein - die tatsächlich oft sehr gut wirksam sind. Das müsstest du allerdings hinterfragen wie das Mittel heißt …


    Das veränderte Verhalten deines Mannes ist für mich persönlich mit großer Angst vor dem Sterben erklärbar - zumindest ging es mir seinerzeit so. Ich war für meine Umwelt glaub ich ziemlich unerträglich und ganz offen (bitte verzeih) Sprüche, es würde doch alles wieder gut und ich solle doch die Zeit nutzen waren ganz, ganz schlimm für mich. Tatsächlich taten mir offenes Mitgefühl und tatsächlich auch gemeinsam traurig sein und Verständnis für meine furchtbare Angst gut. So habe ich mich ziemlich eingeigelt und hatte tatsächlich an nichts mehr Freude. Das alles obwohl meine Prognose recht gut war. Letztlich lief es auf eine Depression hinaus. Geholfen hat mir eine Psychotherapie und zeitweise auch ein Psychopharmakon

    Es sind inzwischen 8 Jahre ins Land gegangen und mir geht es wieder gut mit meiner Neoblase.


    Nun ist die Prognose für deinen Mann tatsächlich wirklich schlecht. Wirkt die Immuntherapie, kann er noch schöne Jahre haben, es kann aber eben auch nur wenig Zeit bleiben - dazu wissen wir zu wenig und letztendlich kann es niemand wirklich sagen. Ob es gelingt, dass er die verbleibende Zeit genießen kann, liegt bei ihm - vielleicht kannst du ihn bewegen mal mit einem Psychologen zu sprechen. Er wird ja sicher in einer onkologischen Praxis betreut, oft kann man darüber kurzfristig Termine bekommen. Voraussetzung ist natürlich, dass er das selber möchte.


    Ich weiß, für Angehörige ist es manchmal schwerer als für den Kranken selbst. Sie wollen so gern helfen und doch sind ihnen die Hände gebunden und letztlich müssen sie akzeptieren oder hinnehmen, was der Betroffene möchte oder eben auch nicht. Vielleicht hilft es, deinem Mann zu zeigen, wie leid es dir tut, dass du seine Angst verstehst und hinterfragst, was er wirklich, wirklich selber möchte - und nicht dir zu liebe tut. Natürlich ist es toll, wenn du ihn ermunterst, etwas zu unternehmen, rauszugehen… aber es kann auch einfach mal alles zu viel sein … er möchte dich aber nicht enttäuschen und dann endet es mit mäkeln.


    Bitte sieh mir meine offene Worte nach, ich möchte dich keinesfalls verletzen oder dir zu nahe treten! Ich versuche nur aus meiner damaligen Gefühlswelt zu berichten …

    Lieben Gruß von Barbara

    Berliner (netzgestützte) Neoblase seit 4.9.2015 wegen BCG resistentem CIS, entdeckt 2014 durch NMP22 (IGEL beim Gyn)

    "Alles hat einen Zweck, selbst wenn es uns nur an das erinnert, was wir nicht tun sollten." Catherine Ryan Hyde

  • Hallo Heidrun Heidrun

    ich heiße dich herzlich willkommen in unserem Forum.

    Du weißt, wir sind keine Ärzte, hier beraten Betroffene und Angehörige. Nun zu dir bzw. zu deinem Mann.

    Suchst du Beratung, Hilfe, oder was führt dich her. Dich auszusprechen, auch ok.

    Ich hätte tausend Fragen und würde ebenso viele Antworten erwarten.

    Hinterlegt hast du pTa und im Text schreibst du pT1, aber egal. Vielleicht kannst du uns erklären, warum die Blase bisher nicht entfernt wurde. Hatte man bedenken Tumormaterial zu verbreiten, oder glaubte man den Tumor mit Chemotherapie zu verkleinern ?

    Bin auch nur Laie und überlege was hätte der Urologe meines Mannes gemacht, was hätten wir gewollt, wären wir gefragt worden.

    Da das Schambein mit betroffen ist, ( knöchrig) wird es auf Dauer schwierig. Denke dein Mann ahnt, weiß, fühlt mehr als er sagt.

    Es wird eine Immuntherapie sein, die er bekommt und warum auch immer, diese ihm nicht bekommt.

    Heißt aber nicht automatisch, daß sie nicht wirkt.

    Aber du sagst es selbst, " daß im Augenblick alles gut läuft "

    Genau das ist der Casus knacksus, " im Augenblick ", ich denke dein Mann weiß sehr gut, daß seine Zeit begrenzt ist und hat einfach gesagt nur Angst. Das ist verständlich, er hat Angst vor Schmerzen und vor dem doch nahen Lebensende, daher sein nörgeln und seine Unzufriedenheit.

    Das ist aber meine persönliche Einschätzung.

    Ich hoffe und wünsche euch noch eine schöne Zeit, deinem Mann vorallem eine schmerzfreie Zeit.

    Versuch das Gespräch, es würde ihm gut tun, ihn befreien, ihm vielleicht auch ein bißchen die Angst nehmen. Versichere, daß du an seiner Seite bist, alles verstehst und auch tollerierst. Eine schwere Zeit für euch.

    Entschuldige meine Offenheit, aber ich glaube, du suchst die Bestätigung, und ja schreib ruhig, was dich berührt.


    Alles Liebe und viel Verständnis für deine Situation, Ricka

  • Hallo bar65 und ricka,

    danke für eure Offenheit, genau so habe ich mir das gewünscht, ich war nie in einer ähnlichen Situation und kenne auch „ Gott sei Dank " niemand in einer ähnlichen.

    Merkwürdig war, dass sich mein Mann ca. 6 Monate vor seiner Diagnose wegen einer Blasenentzündung eine Blasenspiegelung unterzogen hat bei der keine Auffälligkeit erkannt wurde.

    Ja, es handelt sich jetzt um eine Immuntherapie, das ist alles was wir, bzw ich weiß. Eine Neoblase stand zumindest zur Diskussion wurde aber aus mir unbekannten Gründen irgendwann abgeleht. Mein Mann hat nie viel über sein Befinden gesprochen und leider hinterfragt er auch wenig.

    Ich versuche ihn zu unterstützen wo ich kann und mein Mann weiß auch genau daß ich hinter ihm stehe und immer für ihn da bin. Wir sind seit 47 Jahren verheiratet und kennen uns. Da vertraut er mir schon. Ich habe einfach nur gedacht, dass der Tumor wegen der vorherigen Spiegelung früh genug erkannt wurde und da es ihm so gut geht habe ich nicht richtig eingeschätzt wie es um ihn steht.

    Ich habe schon versucht meinen Mann zu einem Gespräch mit einem Psychologen zu überreden aber er redet halt nicht.

    Leider ist es sehr schwierig meinen Mann auf seine Krankheit und Zukunft anzusprechen, er weicht mir ständig aus und will offensichtlich nicht darüber reden. Ich merke gerade, daß das wahrscheinlich genau der Grund dafür ist warum ich einfach dazu übergegangen bin ihn nur zu ermutigen.

    Ich werde das überdenken, weiss allerdings nicht wie ich an ihn herankomme.

    Danke für euer Verständnis

    Lieben Gruß Heidrun

  • Liebe Heidrun ,


    wir hatten hier schon Ehefrauen, wo die erkrankten Männer bis zum Sterbetag nicht bereit waren, über die Krankheit oder über das Sterben zu sprechen. Und aus meinem Verwandtenkreis kenne ich einen Fall, wo die Patientin eine weitere Behandlung verweigert hat, aber dies nicht mit den Angehörigen kommuniziert hat. Alles ist möglich, aber mir kommt es so vor, als würde dein Mann gerade mit dem Schicksal hadern. Vielleicht ist er schon in eine Depression gefallen. Meine Vorschreiberinnen haben hier im Prinzip schon alles gesagt, was zu sagen ist.


    Wichtig wäre, dass du dir Hilfe holst. Entweder, indem du dich hier bei uns weiterhin austauschst. Wir kennen solche Probleme und können zuhören und auch trösten. Besser wäre vermutlich, wenn du dir psychotherapeutische Hilfe suchst. Oder eine Krebs-Angehörigengruppe. Sicherlich wäre auch für deinen Mann eine solche Hilfe wichtig, z.B. ein Psycho-Onkologe. Aber da er ja anscheinend alles ablehnt bzw. nicht mal darüber reden will, solltest du dir zumindest selbst Hilfe suchen.


    Angehörige haben es sehr schwer. Sie müssen hilflos zusehen und während die Ärzte alles machen für die Patient:innen, so hat meistens niemand Zeit, sich auch um die Angehörigen zu kümmern. Deswegen musst du dies selbst in die Hand nehmen.


    Alles in allem sehr traurig. Ich habe große Angst, dass ich mit meinem Mann auch mal in so eine Situation komme. Er hat das Aspergersyndrom und redet generell kaum über irgendetwas. Schon gar nicht über Probleme. Entscheiden kann er auch nichts. Er ist 16 Jahre älter als ich und starker Raucher und immer wieder überfällt mich die Furcht, dass ich einmal in so einer Situation stecken könnte wie jetzt du. Ich würde wohl verzweifeln.


    Ich finde es jedenfalls gut, dass du dich uns hier anvertraut hast und nach Lösungen suchst. Und ich drücke dir die Daumen, dass du und dein Mann doch noch das Gespräch miteinander über diese traurige Situation findet.



    Liebe Grüße


    Christina

    Ich habe für meine Mutter geschrieben, bei der im Jahr 2008 Blasenkrebs diagnostiziert wurde. Am 10.01.2015 ist sie im Alter von 80 Jahren daran verstorben.

  • Hallo Heidrun ,

    Das mit der Blasenspiegelung 6 Monate vor allem, und dann ohne Befund war bei mir genau das Gleiche,… 6 Monate später ging’s in die Turb und wiederum 6 Wichen später musste alles raus bei mir und seitdem läuft mein Pipi aus dem

    Bauch ….

    Niemals aufgeben und immer nach vorne schauen und nicht zurück!!


    Toitoitoi

    Lotz2.0

    CiS Prost.9/22

    Blasentumor pT2a G3,

    pTis,R0,pN0

    (0/20),L0,V0,R0

    Urostoma seid 12/22

    keine Chemo

    GdB100